Rechtstipps zum Fahrerlaubnisrecht
Entzug der Fahrerlaubnis direkt durch Fahrerlaubnisbehördebehörde vermeiden
Eine Fahrerlaubnis kann nicht nur vom Gericht im Rahmen eines Strafverfahrens, wie z.B. unerlaubten Entfernens vom Unfallort, Straßenverkehrsgefährdung, Trunkenheit im Straßenverkehr etc. ausgesprochen werden, sondern auch direkt von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde, ohne dass sich ein Gericht zuvor mit der Sache befasst hat.
Dies kann für den Inhaber der Fahrerlaubnis sehr gefährlich werden. Es ist in der Regel dringender Handlungsbedarf gegeben.
Die Gründe für das Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde können vielfältig sein.
Zu aller erst können hier natürlich Maßnahmen nach dem Punktesystem in Betracht kommen. Der Entzug der Fahrerlaubnis mit einer sechsmonatigen Sperrfrist und der Anordnung einer MPU für die Wiedererteilung tritt bekanntlich ab 8 Punkten ein. Allerdings sieht das gestufte Punktesystem zuvor auch mildere Maßnahmen vor, wie die schriftliche Ermahnung (4 oder 5 Punkte) und die schriftliche Verwarnung (6 oder 7 Punkte). Das klingt zunächst einmal harmlos, ist es aber keinesfalls! Wer bereits über einen erheblichen Eintrag von bereits 3 Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg verfügt, läuft also grundsätzlich bei jedem Bußgeldverfahren Gefahr, sich dem Entzug der Fahrerlaubnis bedenklich zu nähern. Hier kann eine richtige Verteidigungsstrategie die Überprüfung, ob die notwendigen mildere Maßnahmen von der Fahrerlaubnisbehörde auch zum richtigen Zeitpunkt ergriffen worden sind, möglicherweise den Entzug der Fahrerlaubnis verhindern.
Weitere Gründe für ein Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde können Zweifel an der notwendigen körperlichen oder geistigen Fähigkeit des Verkehrsteilnehmers sein. Hierzu gibt es in einer sehr umfangreichen Anlage zur Fahrerlaubnisverordnung einen Katalog von Erkrankungen, die gegen eine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sprechen. Wer nun, beispielsweise im Rahmen einer Verkehrskontrolle oder einer Unfallaufnahme, unbedachte Äußerungen macht, die den Verdacht nahelegen, dass die Anforderungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht mehr gegeben sind, muss damit rechnen, dass die Polizei bei der Fahrerlaubnisbehörde eine entsprechende Meldung macht! Hierzu sind die Polizeibeamten nämlich gesetzlich verpflichtet.
Auch hier muss man sofort tätig werden, um rechtzeitig die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, damit es gar nicht erst zum Entzug der Fahrerlaubnis kommt.
Besondere Bedeutung kommt gegenwärtig dem Konsum von Cannabis zu. Für den Entzug der Fahrerlaubnis müssen seit dem 01.04.2024 mindestens zwei Fahrten unter Cannabiseinfluss aktenkundig sein, bei denen jeweils ein Wirkstoffgehalt von 3,5 Nanogramm festgestellt wurde. Nach früherer Rechtslage war dies bereits bei einem Wirkstoffgehalt von 1,0 Nanogramm möglich. Hier wurde dann eine MPU angeordnet.
Wer beispielsweise nach altem Recht zu einer MPU aufgefordert wurde, die negativ ausfiel, sollte dieses Gutachten keinesfalls bei der Fahrerlaubnisbehörde einreichen. Vielmehr sollte er sofort anwaltliche Hilfe aufsuchen, um überprüfen zu lassen, ob diese Anordnung nicht bereits hinfällig sein könnte. Auch hier kann möglicher Weise erreicht werden, dass die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird.
Generell gilt, im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle, oder bei einer Unfallaufnahme gegenüber der Polizei niemals irgendwelche Angaben zu machen, die Zweifel an der körperlichen oder geistigen Fähigkeit wecken könnten, nicht zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet zu sein.
Niemals sollte man einen sogenannten „Sekundenschlaf“ am Steuer erwähnen. Dies führt in der Regel zu einem Strafverfahren und einer Meldung der Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde. Auch Angaben zur Einnahme von Medikamenten oder irgendwelchen relevanten Vorerkrankungen sollten nicht gemacht werden. Das Gleiche gilt natürlich auch zu Angaben in Bezug auf Alkoholkonsum. Obwohl sich die Rechtslage geändert hat, sollte natürlich auch niemals etwas über den eigenen Cannabiskonsum gesagt werden. Erst recht sind Angaben über die Einnahme von anderen Substanzen in der Regel schon Grund genug, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis sofort entzieht.
Die Fahrerlaubnisbehörde und ihre rechtlichen Kompetenzen dürfen keinesfalls unterschätzt werden. Auch darf auf gar keinen Fall zu lange damit gewartet werden, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt sehr strenge gesetzliche Fristen, die auf jeden Fall eingehalten werden müssen.
Rechtsanwalt von der Ohe, Mai 2024
E-Scooter und Alkohol: Fahrerlaubnis gerettet trotz absoluter Fahruntüchtigkeit!
Auch bei E-Scootern gelten in Bezug auf Alkoholfahrten grundsätzlich die gleichen Regeln, wie bei Autofahrern. Danach besteht ab einem Blutalkoholwert von 1,1 Promille absolute Fahruntüchtigkeit, egal wie sicher man mit diesem Elektroroller auch unterwegs war.
Unangenehme aber wichtige Nebenfolge: Das Gericht kann hier sogar den Führerschein komplett entziehen.
In einem derartigen Fall konnte vom Unterzeichner allerdings im September 2021 vor dem Amtsgericht Potsdam dennoch ein sehr mildes Urteil erreicht werden, bei dem die Fahrerlaubnis nicht entzogen wurde. Der Fahrer war mit 1,25 Promille am Lenker unterwegs. Es hätte also mit der Argumentation einer absoluten Fahruntüchtigkeit die Fahrerlaubnis entzogen werden können. Die Entziehung konnte vermieden werden.
Dies setzte hier zum einen ein geständiges Verhalten des Angeklagten voraus, das eine überzeugende Einsicht in das Handlungsunrecht erkennen ließ. Zum anderen hängt der Lauf einer Verhandlung auch immer ein wenig vom „Faktor Mensch“ ab.
Rechtsanwalt von der Ohe, September 2021
Begleitetes Fahren - Führerschein mit 17
Unter dem Begriff „begleitetes Fahren“ versteht man eine Sonderregelung im Fahrerlaubnisrecht, wonach Jugendliche bereits im Alter von 17 Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B bzw. BE erwerben und am Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Dieser zunächst als Modellversuch geplante „Führerschein mit 17“ hat sich jedoch in der Zwischenzeit zum festen Bestandteil des Fahrerlaubnisrechts entwickelt und auch bewährt. Auf diese Weise soll Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet werden, sich bereits frühzeitig eine Fahrpraxis und damit auch eine sichere Fahrweise anzueignen. Nach bestandener theoretischer und praktischer Führerscheinprüfung wird dem Führerscheinneuling eine Prüfungsbescheinigung ausgehändigt, in welcher die Begleitpersonen aufgeführt sind. Zu beachten ist, dass diese Begleitperson namentlich genannt werden muss. Außerdem sind hier gewisse Mindestanforderungen zu erfüllen. So muss die Begleitpersonen beispielsweise mindestens 30 Jahre alt sein und mindestens fünf Jahren im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis der Klasse B (bzw. der alten Klasse 3) sein und darf nicht mehr als einen Punkt „in Flensburg“ haben. Ein wesentlicher Unterschied zum Fahren in der Fahrschule besteht darin, dass die Begleitperson ausdrücklich nicht in die Fahrzeugführung eingreifen darf. Der Fahrlehrer darf und muss in entsprechenden Situationen selbstverständlich sofort reagieren und entsprechend handeln. Der Begleitperson ist dies jedoch untersagt. Verantwortlicher Fahrzeugführer ist ausschließlich der Jugendliche. Sowohl der jugendliche Fahrer, als auch die Begleitpersonen haben ihren Führerschein stets bei sich zu führen.
Im Gegensatz zum Fahranfänger, für den ausdrücklich die 0,0 Promillegrenze gilt, darf der Blutalkoholwert bei der Begleitperson 0,5 Promille nicht überschreiten. Selbstverständlich sollte im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit aber generell auf den Konsum von Alkohol verzichtet werden.
Die theoretische Prüfung kann bereits drei Monate vor Vollendung des 17. Lebensjahres abgelegt werden. Die praktische Prüfung darf erst einen Monat vorher abgelegt werden. Wenn man all dies berücksichtigt, hat der Fahranfänger also sehr frühzeitig die Möglichkeit, eigenverantwortlich am Straßenverkehr teilzunehmen. Seine Probezeit beträgt wie bei jedem Fahranfänger zwei Jahre. Sie wird also nicht um den Zeitraum des begleiteten Fahrens verlängert. Keine gute Idee ist es, wenn der Fahranfänger ohne Begleitperson mit dem Auto unterwegs ist. Wird er hierbei von der Polizei erwischt, wird die Fahrerlaubnis von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde widerrufen. Dies ist gängige Rechtsprechung und wurde beispielsweise auch in einem Beschluss vom 06.09.2016 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nochmals bestätigt (Az.: 10 S 1404/16).
Rechtsanwalt Björn von der Ohe, Kanzlei Buchholz, Juni 2021
Fahrerlaubnis behalten trotz Cannabis
Bei Cannabis handelt es sich um eine Hanfpflanze. Produkte hieraus sind insbesondere das sogenannte Gras, Marihuana und Haschisch. Ob nun als Joint geraucht oder in anderer Form konsumiert, Cannabis gilt als Rauschmittel. Die Anzahl der Vorwürfe eines Fahrens unter Cannabis hat zugenommen. Die Kontrollen beziehen sich auch verstärkt hierauf. Insbesondere geht es um die Fahrerlaubnis.
Wenn jemand mit einem Vorwurf belastet wird, ist vieles zu beachten. Wichtig ist es auch, die aktuelle Rechtsprechung zu kennen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit mehreren Urteilen vom 11. April 2019 zu Gunsten der Betroffenen wichtige Entscheidungen getroffen. Es handelte sich insgesamt um sechs Urteile, die am selben Tag zum selben Thema erlassen wurden.
Danach darf bei einem Fahren unter Cannabis nicht mehr einfach die Fahrerlaubnis entzogen werden. Vielmehr muss die Fahrerlaubnisbehörde zunächst die Möglichkeit einräumen, durch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Dies betrifft diejenigen, die erstmalig unter Cannabiskonsum beim Fahren angetroffen wurden. Diese Rechtsprechung zu Gunsten der Betroffenen gilt also auch für alle, die schon zuvor gelegentlich Cannabis konsumierten, aber erstmalig beim Fahren kontrolliert wurden.
So wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin eine Frist von drei Monaten für die Vorlage der Begutachtung also des medizinisch-psychologischen Gutachtens gesetzt.
Dabei war teilweise kritisiert worden, dass ein für den Betroffenen günstiges Gutachten Abstinenzzeiten voraussetzen kann, die über drei Monate hinausgehen.
Auch hier kommt es jedoch auf die genauen Kenntnisse zu dem Thema an.
Richtigerweise darf die von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der MPU-Anordnung gestellte Frage keine Abstinenz und keine Abstinenzzeiträume verlangen. Es darf nur um die Frage gehen, ob zukünftig ein Konsum von Cannabis und das Fahren getrennt werden können. Es geht somit um die Prognoseentscheidung.
Eine anwaltliche Vertretung von Beginn an ist sinnvoll. Es sollten auch keine Angaben von dem Betroffenen selbst gemacht werden. Dies gilt insbesondere für ein Konsumverhalten. Angaben, die auf einen regelmäßigen Konsum schließen lassen, würden sich nachteilhaft auswirken.
Im Rahmen der anwaltlichen Beratung und Vertretung können auch MPU-Vorbereitungsstellen benannt werden. Vieles ist zu beachten, wenn es darum geht, die Fahrerlaubnis behalten zu können.
Rechtsanwalt Jan Buchholz, Mai 2020
Kleiner Parkrempler und schon kann der Führerschein weg sein!
Die klassische Situation sieht so aus: Da sitzt man abends friedlich und nichts ahnend im Wohnzimmer, als es plötzlich an der Tür klingelt. Draußen stehen zwei uniformierte Polizeibeamte und teilen mit, man werde des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, also der „Fahrerflucht“ beschuldigt. „Das könne doch alles gar nicht sein, ja, man sei zwar auf dem Supermarktparkplatz gewesen, aber einen Unfall habe es doch gar nicht gegeben. Ja, am eigenen Auto sei zwar ein kleiner Kratzer, aber das sei doch alles gar nicht so schlimm…“ denkt dann so manch einer.
Wer so denkt, sitzt einem fatalen Irrtum auf und läuft Gefahr, seinen Führerschein schneller zu verlieren, als er denkt. Denn die „Fahrerflucht“ wird von der Polizei und den Gerichten keineswegs als Bagatelle oder Kavaliersdelikt gesehen.
Vielmehr beginnt in derartigen Fällen vollautomatisch eine polizeiliche und gerichtliche Maschinerie anzulaufen, die es in sich hat, und bei welcher bereits im laufenden Verfahren der Führerschein vorläufig entzogen werden kann, und an deren Ende dann schwerwiegende Konsequenzen drohen: der Entzug der Fahrerlaubnis, die Anweisung des Gerichts an die Fahrerlaubnisbehörde vor Ablauf von mindestens einem Jahr keinen neuen Führerschein zu erteilen. Eine Geldstrafe von mindestens ein bis zwei Nettomonatsgehältern, der Makel einer Vorstrafe, ganz erhebliche Gerichtskosten, die Möglichkeit der Beschlagnahme des Fahrzeugs und zu guter Letzt noch der Regress der eigenen Versicherung, die sich den an den Geschädigten ausgezahlten Betrag zurückholt. Wer mit einem derartigen Vorwurf konfrontiert wird, ist also gut beraten, sofort anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Den wenigsten Verkehrsteilnehmern ist bekannt, dass man sich bereits dann vom Unfallort entfernt hat, wenn der sogenannte Sicht- und Rufkontakt zum gegnerischen Fahrer nicht mehr möglich ist. Hier können bereits wenige Meter entscheidend sein. Auch reicht es keinesfalls aus, am anderen Fahrzeug den berühmten „Zettel“ hinter den Scheibenwischer zu klemmen. Hier muss man je nach Höhe des Schadens mindestens eine Stunde vor Ort bleiben und zudem die Polizei telefonisch informieren. Wer dies nicht tut, muss dann vermutlich eine ganze Weile, mindestens jedoch ein Jahr lang, mit dem Bus fahren. Aus Erfahrung in einer Vielzahl von derartigen Fällen weiß der Rechtsanwalt genau, was in welchem Stadium des Verfahrens zu tun und vor allem auch zu lassen ist. Durch eine geschickte und zielorientierte Verteidigung kann häufig auch in schwierigen Fällen vermieden werden, dass es zu einer Anklage kommt. Und selbst dann, wenn es zu einer Strafverhandlung vor dem Amtsrichter kommen sollte, steht Ihr Rechtsanwalt als Verteidiger hinter ihnen.
Nehmen Sie derartige Vorwürfe also keinesfalls als Lappalie hin, wenn es mal abends bei Ihnen an der Tür klingeln sollte – wenn Sie in Zukunft weiterhin mit Ihrem Auto fahren wollen.
Rechtsanwalt Björn von der Ohe (Kanzlei Buchholz), April 2018
Fahren im Alter
Darf eine Fahrerlaubnisbehörde einen Führerscheininhaber allein wegen seines Alters überprüfen? Hierzu traf das Verwaltungsgericht Saarland am 28. September 2011 eine interessante Entscheidung. Bei einem 80-jährigen war nach einem Unfall die MPU angeordnet worden. Weil er dem nicht nachkam, wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
Das Gericht stellte sich auf die Seite des älteren Verkehrsteilnehmers. Es betonte, dass ohne konkret festgestellte Ausfallerscheinungen keine Untersuchung verlangt werden dürfe. In dem Leitsatz zu der Entscheidung lautet es ausdrücklich: „Allein das hohe Alter eines Fahrerlaubnisinhabers (hier: 80 Jahre) und das damit regelmäßig verbundene Absinken sowohl der geistigen als auch der körperlichen Leistungsfähigkeit bietet für sich genommen keinen Anlass, die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr durch ein ärztliches Gutachten überprüfen zu lassen…“
Der Autofahrer durfte somit seine Fahrerlaubnis behalten.
Rechtsanwalt Jan Buchholz, Aug. 2013