Rechtstipps zum Bußgeldrecht



Fahrverbot abwenden – Punkte vermeiden

Ein Fahrverbot stellt eine erhebliche Belastung dar. Wer beruflich auf das Fahren angewiesen ist, muss sogar eine Kündigung befürchten.
Bereits ab einer Überschreitung von 31 km/h innerorts sieht der Bußgeldkatalog ein einmonatiges Fahrverbot vor. Außerorts gilt dies bei einer Überschreitung von 41 km/h.
Achtung: Bereits ab einer Überschreitung von 26 km/h droht ein Fahrverbot aufgrund einer speziellen Regelung in der Bußgeldverordnung.
Wenn es bereits zuvor zu einer rechtskräftigen Überschreitung von 26 km/h kam, sieht die Regelung bei einer neuen Fahrt innerhalb eines Jahres seit dieser Rechtskraft mit ebenfalls mindestens 26 km/h ein Fahrverbot vor.
Zu beachten ist, dass die Stadtautobahn in Berlin, also A 100, unter die strengere innerörtliche Regelung fällt, wie das höchste Berliner Gericht, das Kammergericht, ausdrücklich entschieden hat.
Auch die drohenden Punkte in Flensburg sollten ernst genommen werden.
Für eine Überschreitung von 21 km/h ist ein Punkt vorgesehen. Ab 31 km/h innerorts und 41 km/h außerorts sieht der Bußgeldkatalog 2 Punkte vor. Während ein einzelner Punkt in der Regel nach zweieinhalb Jahren nach einer Rechtskraft getilgt würde, wäre dies beim Eintag von 2 Punkten erst nach 5 Jahren der Fall.
Allerdings erweist sich die neue Bußgeldregelung in einem Aspekt als systemwidrig, was auch schon thematisiert wurde. Normaler Weise werden Ordnungswidrigkeiten erst ab einer Geldbuße von 60 € in Flensburg eingetragen. Diese ist als allgemeine Regelung auch beibehalten worden. Jedoch wurden für Überschreitungen von 16- 20 km/h die Verwarnungsgelder von 35,- € innerorts und 30,- € außerorts auf 70,- € innerorts und 60,- € außerorts nun angehoben. Obwohl diese Geldbußen jetzt also nicht mehr unter 60,- € liegen, sieht der Bußgeldkatalog hierfür bisher keinen Punkt vor. Es wurde daher darüber diskutiert, ob doch auch bereits für die Überschreitungen bis 20 km/h ein Punkt einzutragen sei. Richtiger Weise darf es in diesen Fällen keinen Punkt geben. Allerdings werden gesetzliche Änderungen hierzu diskutiert, so dass dies für die Zukunft nicht auszuschließen ist.
Wichtiger Hinweis bei Lastkraftwagen: Für Lkws gelten noch strengere Regelungen. Bereits für Überschreitungen von 16-20 km/h sieht der Bußgeldkatalog wie bisher den Punkteintrag vor.
Bei einem Vorwurf sollte man nicht verzweifeln. Es gibt Verteidigungsmöglichkeiten.
Eine anwaltliche Vertretung ist sinnvoll. Es wird Akteneinsicht genommen.
Geschwindigkeitsmessungen, Vorwürfe des Überfahrens einer roten Ampel und andere Vorwürfe können auf Fehler untersucht werden, die zu einer Einstellung des Verfahrens führen würden.
Aber auch ohne Messfehler kann ein Absehen von einem Fahrverbot möglich sein.
Wenn eine Reduzierung der Geldbuße auf unter 60 € erreicht wird, entfällt ein Punkteintrag in Flensburg. Erst recht würden im Falle einer Einstellung die Geldbuße, die Eintragung von Punkten und ein eventuelles Fahrverbot entfallen.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Mai 2023


Hilfe bei Fahrerlaubnis auf Probe

Bei einer Fahrerlaubnis auf Probe ist besondere Vorsicht geboten. Ein Vorwurf eines Verkehrsverstoßes muss sehr ernst genommen werden. Vieles ist bei einer Verteidigung zu beachten.
Es existiert nach dem Gesetz ein 3-Stufen-Prinzip.
In der ersten Stufe kommt es zur Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre. Zusätzlich wird ein Aufbauseminar angeordnet. Dieser Kurs ist bei einer Fahrschule zu absolvieren und kostet in der Regel mehrere Hunderte Euro. Es muss neben der Theorie auch eine Fahrt mit dem Fahrlehrer absolviert werden.
Die zweite Stufe besteht in einer Verwarnung. Die dritte Stufe sieht die Entziehung der Fahrerlaubnis vor.
Die Folgen können leichter eintreten als mancher denkt. Es wird zwischen zwei Kategorien von Verstößen unterschieden. Von den leichteren müssen zwei vorliegen, damit es zur Verlängerung der Probezeit und zum Aufbauseminar kommt. Bei den als schwer eingestuften Fällen reicht bereits ein Verstoß. Auch die als schwer eingestuften Verkehrsvergehen betreffen Situationen, die einen Verkehrsteilnehmer schnell treffen können.
Als schwere Vergehen gelten zum Beispiel Geschwindigkeitsverstöße, ein zu geringer Abstand zum Vorderfahrzeug, das Überfahren einer roten Ampel und Vorfahrtsverletzungen. Auch Fehler beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren genügen.
Es würde bereits reichen, wenn eine Reduzierung der Geldbuße auf einen Betrag von 55,- € erreicht wird. Grundsätzlich gibt es erst ab einer Geldbuße von 60,- € Punkte und kommt zu einer Eintragung in Flensburg. Wenn die Eintragung in Flensburg vermieden wird, reicht dies, um Konsequenzen für die Fahrerlaubnis auf Probe zu vermeiden.
Auch bereits der Zeitgewinn durch Akteneinsicht, Stellungnahme und Einlegung eines Rechtsmittels erweist sich als taktisch vorteilhaft. Durch die Verteidigung gegen den Vorwurf wird vermieden, dass in dieser Zeit ein neuer Verstoß die nächste Stufe auslösen kann.
Durch einen Freispruch oder eine Einstellung des Bußgeldverfahrens werden natürlich erst recht Probleme abgewendet.
Es ist somit vieles sehr wichtiges zu beachten.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Mai 2023



Handyverstoß – Handy auf Oberschenkel oder eingeklemmt zwischen Schulter und Ohr

Das Handy ist im heutigen Leben allgegenwärtig. Es hat viele Vorteile. Aber in manchen Lebenssituationen sollte es besser nicht präsent sein.
Dies gilt natürlich insbesondere im Straßenverkehr. Jedenfalls wenn keine Freisprecheinrichtung besteht.
Seit 2017 gilt eine neue gesetzliche Regelung. Diese ist umfassender formuliert und bezieht sich auf alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen. Zudem ist nicht nur das Benutzen verboten, wenn das Gerät aufgenommen oder gehalten wird. Auch feste Geräte dürfen nicht bedient werden, wenn mehr als nur eine kurze der Situation angepasste Blickzuwendung zum Gerät und damit Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen verbunden ist.
Natürlich gibt es auch zu der neuen Regelung bereits viele interessante Urteile zu Grenzfällen.
Besonders interessant sind zwei Situationen, die im Alltag häufiger anzutreffen sind.
Der eine Fall betrifft das Einklemmen des Handys zwischen Ohr und Schulter. Der andere bezieht sich auf das Ablegen des Handys auf dem Oberschenkel.
In Bußgeldangelegenheiten gilt grundsätzlich derselbe Ansatz wie im Strafrecht. Es darf nur sanktioniert werden, was ausdrücklich verboten ist. In beiden vorgenannten Fällen geht es darum, ob von einem „Halten“ gesprochen werden kann.
Normalerweise dürfte man sich unter Halten ein Festhalten mit der Hand vorstellen. Hieran fehlt es in den beiden Konstellationen jedoch gerade.
Das Oberlandesgericht Köln entschied mit Beschluss vom 4.12.2020 zu der Frage, ob zwischen Schulter und Ohr ein Mobiltelefon „ gehalten“ wird.
Das Gericht erkennt die Problematik, dass „Halten“ als ein „in der Hand halten“ verstanden werden kann. Dennoch entschied es sich, das Einklemmen als Halten im Sinne der Bußgeldvorschrift zu werten. Es argumentierte im Wesentlichen mit dem Sinn und Zweck der Regelung, erhebliche Gefahren zu verhindern.
Das Einklemmen erschwere nicht nur den Schulterblick und den Blick in Spiegel. Es handele sich um ein höchst unsicheres und daher unverantwortliches Halten des Mobiltelefons zwischen Ohr und Schulter, so der Gerichtsbeschluss. Dies beanspruche die Aufmerksamkeit des Fahrers über Gebühr. Das Gericht beschreibt das Risiko, dass sich das Handy aus der „Halterung“ löse. Dies verleite den Fahrer zu unwillkürlichen Reaktionen, um zu vermeiden, dass es in den Fußraum des Fahrzeuges falle. Es wird der Vergleich mit der erlaubten Freisprecheinrichtung gezogen, bei der sich der Fahrer um die stabile Halterung gerade keine Gedanken zu machen habe.
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied mit Beschluss vom 10.1.2022 über das Ablegen des Mobiltelefons auf dem Oberschenkel.
Auch beim Ablegen auf dem Oberschenkel geht es nicht um ein Halten mit der Hand. Dennoch wurde vom Gericht ein Halten bejaht.
Die Begründung klingt schon ungewöhnlich. Ein Halten läge auch vor, wenn das Handy mithilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibe. Das Gerät könne bei mit der Fahrt verbundenen Änderungen der Geschwindigkeit und der Richtung nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben. Es bedürfe bewusster Kraftanstrengungen, um die Auflagefläche so auszubalancieren, dass das Mobiltelefon nicht vom Bein herunterfalle.
Der Begriff des Haltens wurde also hier sehr weit ausgedehnt. Ein durch menschliche Kraftanstrengung bewirktes Ausbalancieren unterfalle dem Begriff des Haltens, so das Gericht.
Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist dies sicherlich nachvollziehbar. Allerdings kann hier durchaus hinterfragt werden, ob der Begriff des Haltens über den eigentlichen Wortlautsinn hinaus ausgedehnt wird. Daher können die Entscheidungen durchaus kritisch gewertet werden.
Aus anwaltlicher Sicht bleiben weiterhin Verteidigungsansätze.
Zum einen müssen nicht alle Gerichte dieselbe Auffassung vertreten wie in den oben zitierten Beschlüssen.
Zum anderen geht es zunächst um die Ermittlung des Sachverhalts. Zeugen können sich geirrt haben. Die Sicht ist nicht immer optimal gegeben. Ein weiterer Ansatzpunkt besteht in der Frage des Benutzens. Die Bußgeldvorschrift setzt ein Benutzen voraus. Ein bloßes Liegen auf dem Oberschenkel ohne nachgewiesenes Benutzen dürfte den Tatbestand nicht erfüllen.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Oktober 2022


Neues  Bußgeldrecht

Ein neuer Bußgeldkatalog ist beschlossen. Es drohen eher Punkte als bisher.

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h, aber je nach Fahrzeugarten und Witterungsverhältnissen sogar schon ab 11 km/h, sind Punkteinträge vorgesehen.

Auch zum Beispiel Parkverstöße, die Geh- und Radwege oder Bushaltestellen beeinträchtigen, können nun zu Punkteinträgen führen. Es ist vieles zu beachten. Es empfiehlt sich eine anwaltliche Prüfung und Verteidigung von Beginn an, da auch die Behörden eine Menge zu beachten haben und sich hieraus erfahrungsgemäß erfolgreiche Verteidigungsmöglichkeiten ergeben können.

Rechtsanwaltskanzlei Buchholz, November 2021


Achtung: Besonders wichtig!: Blitzermessungen (LEIVTEC XV3) zur Zeit nicht gültig!

Beachten Sie bitte hierzu unseren Rechtstipp etwas weiter unten vom Mai 2021



Regelfahrverbot und Möglichkeit der Abwehr!

Im Bußgeldkatalog sind zahlreiche Verkehrsverstöße nicht nur mit Punkten in Flensburg, sondern auch mit einem sog. Regelfahrverbot verbunden. Als Beispiel soll hier der Klassiker „qualifizierter Rotlichtverstoß über eine Sekunde rot“ dienen. Hier droht ein Bußgeld von 200,00 €, verbunden mit 2 Punkten in Flensburg und einem Fahrverbot von 1 Monat. Zwar ist dieses Fahrverbot in der Regel erst spätestens 4 Monate nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides anzutreten, so dass man ggf. den Jahresurlaub entsprechend legen kann. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Autofahrern, die beruflich keine 4 Wochen Urlaub am Stück nehmen können. Bei Fahrern, die beruflich oder aus anderen Gründen zwingend auf den Führerschein angewiesen sind, tritt dann ein Riesenproblem auf. Hier kann ein auf Verkehrsrecht spezialisierter Rechtsanwalt oft helfen. Denn in der „Bußgeldkatalog-Verordnung-BKatV“ findet sich an versteckter Stelle im § 4 Abs.4 die Möglichkeit, bei angemessener Erhöhung des Bußgeldes von der Anordnung eines Fahrverbotes ausnahmsweise abzusehen. Im Beispielsfall kann ein erfahrener Rechtsanwalt also mit der richtigen Argumentation erreichen, dass Sie bei Zahlung eines Bußgeldes in doppelter Höhe vom Fahrverbot verschont bleiben!

Björn von der Ohe, Rechtsanwalt, Juni 2021
(Kanzlei Buchholz Berlin)


Rotlichtverstoß mit oder ohne Fahrverbot?

 Man unterscheidet zwei Arten von Rotlichtverstößen: den einfachen (90 € / 1 Punkt) und den qualifizierten, mit länger als einer Sekunde Rotzeit (200 € / 2 Punkte / 1 Monat Fahrverbot).

In den allermeisten Fällen wird „geblitzt“, das heißt, es gibt eine elektronische Messung mit Foto. Denkbar ist aber auch, dass der Vorwurf sich auf die eigene Beobachtung der Polizei stützt. Bespielsweise wenn ein Polizeifahrzeug hinter dem Betroffenen herfährt oder Polizisten am Straßenrand stehen. Hier werden vor Gericht dann aber hohe Anforderungen an das Erinnerungsvermögen gestellt. Es reicht nämlich nicht aus, dass der Polizist als Zeuge aussagt, es sei bereits länger als eine Sekunde rot gewesen. Vielmehr muss er dies auch mit konkreten Beobachtungen belegen können. Wenn er sich nur auf seine damaligen Aufzeichnungen bezieht („Rotlicht missachtet über eine Sekunde“), sich aber vor Gericht ansonsten nicht mehr an den Fall erinnern kann, darf nur von einem einfachen Rotlichtverstoß ausgegangen werden, so das Amtsgericht Dortmund in einem Urteil vom 08.10.2018 (Az.: 729 OWi-252 Js 1513/18-250/18). Im entschiedenen Fall hat der Betroffene also nicht nur 110 € und einen Punkt gespart, er blieb auch vom einmonatigen Fahrverbot verschont.

Björn von der Ohe, Rechtsanwalt, Juni 2021
(Kanzlei Buchholz Berlin)



Geschwindigkeitsüberschreitung bei Schätzung durch Polizei?

Der Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung setzt voraus, dass dem Fahrer diese auch nachgewiesen werden kann. Üblicher Weise erfolgt dies bekanntlich durch diverse  Meßsysteme. Wie verhält es sich aber, wenn ein Polizeibeamter vor Gericht aussagt, der Betroffene sei „viel zu schnell gefahren“? Das Amtsgericht Dortmund hat in einem Urteil vom 06.02.2018 (Az.: 729 Owi-261 Js 255/17-379/17) entschieden, dass dies nicht ausreicht. Der Polizeibeamte hätte hier ein ganz konkretes Fehlverhalten benennen müssen, warum er der Überzeugung war, der Verkehrsteilnehmer sei zu schnell gewesen. Auch hat der Polizist keinerlei Anhaltspunkte wiedergegeben, die einen konkreten Rückschluss auf die gefahrene Geschwindigkeit geliefert hätten.

Merke: Erst recht dann, wenn der Vorwurf sich nur auf eine Schätzung von Polizeibeamten bezieht, sofort zum Anwalt!

Im entschiedenen Fall hatte der Verkehrsteilnehmer sogar selbst eingeräumt „ Es stimmt, ich war zu schnell“. Trotzdem musste er nicht zahlen und bekam auch weder Punkte noch Fahrverbot.

Björn von der Ohe, Rechtsanwalt, Juni 2021
(Kanzlei Buchholz Berlin)


Halteverbot bei Umzug / wann darf abgeschleppt werden?

Jeder kennt die kurzfristig eingerichteten Halteverbotsschilder, beispielsweise bei einem Umzug, aber auch bei Baumarbeiten oder anderen Baumaßnahmen. Aber unter welchen Voraussetzungen darf denn nun das dort abgestellte Fahrzeug abgeschleppt werden?

Diese Frage hat das höchste deutsche Verwaltungsgericht, das Bundesverwaltungsgericht, in einem Urteil vom 24.05.2018 entschieden (Az.: 3 C 25.16).

Antwort: nach einer Vorlaufzeit von drei vollen Tagen.

Beachte: nicht 72 Stunden, sondern drei volle Tage.

Im entschiedenen Fall wurde das Fahrzeug am 19.08. abgestellt. Am Vormittag des 20.08. wurden die Schilder aufgestellt (Anordnung Halteverbot 23.08.-24.08. 07:00-18:00 Uhr). Am Nachmittag des 23.08. wurde das Auto abgeschleppt. Der Halter wollte die Abschleppkosten nicht bezahlen und bekam Recht. Der Vorlauf von 72 Stunden war nicht ausreichend. Frühestens am vierten Tag nach der Aufstellung der Schilder darf kostenpflichtig abgeschleppt werden.


Björn von der Ohe, Rechtsanwalt, Juni 2021

(Kanzlei Buchholz Berlin)


Zulässigkeit von Überwachungsvideos als Beweismittel?

Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist ein wichtiger Grundsatz unseres Rechtssystems. Spätestens seit der sog. „Datenschutzgrundverordnung DS-GVO“ ist dies in aller Munde.

Wie wirkt sich dies nun aber aus, wenn in einem Zivilprozess eine Videoaufnahme als Beweismittel angeboten wird, die unter Verstoß gegen die DG-GVO aufgenommen wurde?

Hier ist ein Urteil unseres höchsten Zivilgerichts, des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe vom 15.05.2018 (Az.: VI ZR 233/17) von entscheidender Bedeutung. Grob zusammengefasst hat der BGH in seinem sehr ausführlichen, vielseitigen Urteil klargestellt, dass die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung (beispielsweise die Anfertigung einer Videoaufzeichnung) nicht ohne weiteres auch zu einem Verwertungsverbot (also der Verwendung als Beweismittel im Zivilprozess) führt. Der Zivilprozess betrifft die Rechte und Rechtspositionen in privatrechtlichen Angelegenheiten  (A möchte von B Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall). Die Gerichte sind hier grundsätzlich gehalten, alle von den Parteien angebotenen Beweismittel zu berücksichtigen. Natürlich muss eine Abwägung vorgenommen werden, wo diese – möglicher Weise rechtswidrig aufgenommenen – Aufzeichnungen gemacht wurden. Der unmittelbare, privat/geheime Raum genießt hier natürlich einen höheren Schutz. Aber eine Videoaufzeichnung beispielsweise an einer Tankstelle, ist als Beweismittel zulässig, auch wenn der Gefilmte hiermit nicht einverstanden ist. Genau so, nämlich in Anwendung des Urteils des BGH, hat dann folgerichtig auch ein kleines Untergericht, das Amtsgericht Bad Schwalbach in einem Urteil vom 16.01.2020 (Az.: 3 C 273/19) entschieden. Das Gericht hatte hier keinerlei Bedenken, zur Aufklärung des Unfallhergangs die Videoaufzeichnung der Überwachungskamera der Tankstelle als Beweismittel zuzulassen.

Rechtsanwalt Björn von der Ohe (Kanzlei Buchholz Berlin), Juni 2021


Verwertungsverbot von nichtstaatlichen Kontrollen

keine „Knöllchen“ durch „freie Mitarbeiter“

Das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main hatte bereits in einer Grundsatzentscheidung vom 26.04.2017 (Az.: 2 Ss-Owi 295/17) klargestellt, dass die Hinzuziehung privater Dienstleister bei der Verkehrsüberwachung im fließenden Verkehr unzulässig ist.

Nun kam eine größere, hessische Stadt auf die Idee, man könne doch Leiharbeiter eines privaten Dienstleisters auf Basis einer Stundenvergütung in eine kommunale Uniform stecken um im ruhenden Verkehr Parksünder festzustellen oder andere Ordnungswidrigkeiten zu dokumentieren.

Dieser abenteuerlichen Idee hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Beschluss vom 03.01.2020 (Az.:  Ss-Owi 963/18) mit scharfen Worten einen harschen Riegel vorgeschoben.

Die bei den Kontrollen gewonnenen Erkenntnisse wurden danach rechtswidrig erlangt und unterliegen vor Gericht einem absoluten Verwertungsverbot.

Die Überwachung des fließenden Verkehrs und die entsprechende Ahndung von Verstößen stellt eine Kernaufgabe des Staates dar. Hierbei handelt es sich ganz eindeutig um eine hoheitliche Aufgabe, die ausschließlich staatlichen Hoheitsträgern zukommt. Dies ist auch absolut nachvollziehbar, denn wenn der Staat zu Recht das absolute Gewaltmonopol innehat, so dürfen auch nur staatliche Hoheitsträger die entsprechenden Rechte ausüben. Wie sich dies im ruhenden Verkehr verhält, ist von einem Bundesgericht bislang nicht entschieden worden. Im hier entschiedenen Fall hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main aber auch für den ruhenden Verkehr klargestellt, dass es unzulässig ist, die Verkehrsüberwachung privaten Dienstleistern zu überlassen, auch wenn diese zuvor in eine Uniform des Ordnungsamtes gesteckt wurden. Nur eigene Bedienstete der jeweiligen Behörde, beispielsweise des Ordnungsamtes, dürfen die entsprechenden Feststellungen treffen. Alles andere würde dazu führen, dass der Staat hier durch entsprechende Aufträge das Geschäftsmodell eines privaten Dienstleisters finanzieren würde. Der Bürger muss also immer davon ausgehen dürfen, dass ein Uniformträger entweder Polizeibeamter, oder aber eigener Mitarbeiter des Ordnungsamtes ist. Einen externen Leiharbeiter eines privaten Dienstleisters hier mit entsprechenden hoheitlichen Aufgaben zu betrauen verbietet sich nach zutreffender Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Im Ergebnis ebenso auch ein Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 23.10.1996 (Az.: 2 Ss 171/96) für das damalige „Berliner Parkraumüberwachungskonzept“.

Björn von der Ohe, Rechtsanwalt, Juni 2021
(Kanzlei Buchholz Berlin)



Blitzermessungen (LEIVTEC XV3) zur Zeit nicht gültig!

Es gibt eine Vielzahl von Messgeräten für Geschwindigkeitsüberschreitungen. Bereits seit geraumer Zeit herrscht hier eine ganz erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage, welche Daten dem Betroffenen oder seinem Anwalt zur Überprüfung eines Bußgeldbescheides ausgehändigt werden müssen. Zuletzt hatte sich sogar das Bundesverfassungsgericht mit dieser Problematik befasst (Beschluss vom 12.11.2020, Az.: 2 BvR 1616/18). Diesem Beschluss lag ein Messgerät vom Typ PoliScan Speed M1 Vitronic zu Grunde.

Ganz aktuell hat jetzt ein Hersteller eines Messgerätes von sich aus dazu aufgefordert, vorerst von amtlichen Messungen mit seinem eigenen Messgerät „LEIVTEC XV3“ abzusehen. Es ist ein absolutes Novum, dass ein Hersteller die Behörden darum bittet, das eigene Messsystem hier zunächst nicht weiter zu verwenden.

Alle Messgeräte müssen von der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) zugelassen werden. In der Vergangenheit kam es bei diesem Messgerät verstärkt zu unzulässigen Messabweichungen. Daraufhin wurde vom Hersteller zunächst eine neue Gebrauchsanweisung aufgestellt, um derartige Abweichungen zu vermeiden. Die PTB hat im Anschluss daran durch eigene Sachverständige das Messverfahren nochmals geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass auch mit der neuen Gebrauchsanweisungen Messabweichungen nicht sicher ausgeschlossen werden können. Dies hat der Hersteller nun zum Anlass genommen, die zuständigen Behörden darum zu bitten, gegenwärtig von amtlichen Messungen mit diesem Gerätetyp abzusehen.

Es wäre durchaus wünschenswert, wenn die PTB von sich aus, also ohne gesonderte Aufforderung, mit einem Rundschreiben an die Bußgeldstellen bzw. Gerichte auf diesen Umstand hinweisen würde. Immerhin war es die PTB, die hier weitere Zweifel an der Zuverlässigkeit des Messgerätes durch ihre Sachverständigen ermittelt hatte. Leider ist eine derartige vollumfassende und transparente Information durch die PTB bislang unterblieben.

Wenn Ihnen also eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wird, die mit dem Messgerät LEIVTEC XV3 festgestellt wurde, empfehlen wir Ihnen dringend, umgehend anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Rechtsanwalt Björn von der Ohe für Kanzlei Buchholz, Mai 2021


Bußgeldverfahren einzustellen? 

Es sind immer wieder neue Entwicklungen zu beachten. Bei einem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder einem Überfahren einer roten Ampel kommt es auch auf die Ordnungsgemäßheit der Messung an.

 

So konnte in Berlin teilweise bei den sogenannten Rotlichtverstößen ein Absehen vom Vorwurf erreicht werden, allein aufgrund von Problemen mit dem Messverfahren. Es ging insbesondere um Vorgaben zu den Messstellen, die nicht eingehalten worden sein sollen. Statt eines Rotlichtverstoßes mit einer Geldbuße von 200,- €, 2 Punkten in Flensburg und einem einmonatigen Fahrverbot konnte zum Beispiel erreicht werden, dass es bei einem fahrlässigen Haltelinienverstoß für 10,- € ohne Punkte und ohne Fahrverbot blieb. Dies kann aus eigener Erfahrung aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens berichtet werden. 

Eine ganz neue Entwicklung ergibt sich für Vorwürfe der Geschwindigkeitsüberschreitung aus einer Entscheidung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofes vom 5. Juli 2019. Aus Gründen, die ebenfalls mit dem Messverfahren zusammenhingen, hielt das Gericht teilweise Bußgeldverfahren für verfassungswidrig. Hintergrund war insbesondere die fehlende nachträgliche Überprüfbarkeit, wenn die eigentlichen Daten (Rohmessdaten) nicht auf dem Gerät selbst gespeichert sind. 

Auch in Berlin werden aus diesem Grunde mehrere Messgeräte dieses Typs nicht mehr verwendet.  Eine anwaltliche Überprüfung kann daher sinnvoll sein. Es kann Akteneinsicht genommen und auch die Messung geprüft werden.  Aus eigener Erfahrung kann ebenfalls berichtet werden, dass bei einem Rotlichtvorwurf die Bußgeldstelle zunächst an der Ahndung festhielt, vor Gericht aber im schriftlichen Verfahren ohne Gerichtstermin eine Reduzierung auf 10,- € mit Wegfall eines Punkteintrages erreicht werden konnte.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Sept. 2019


Urlaubszeit – Reisezeit – Rettungsgasse – Fahrverbot?

Die Sommerferien haben in diesem Jahr in Berlin und Brandenburg besonders früh begonnen und damit auch die Hauptreisezeit, die viele Autofahrer wieder an die heißersehnten Urlaubsorte führt. Meistens über Autobahnen und Außerortsstraßen.  Natürlich ist jedem verantwortungsbewussten Fahrer bekannt, dass er auf derartigen Straßen im Bedarfsfalle selbstverständlich eine Rettungsgasse zu bilden hat, damit Einsatzfahrzeuge  zu verunfallten Fahrzeugen gelangen können, um rechtzeitig Hilfe leisten zu können.  Aber hier lauert eine bislang nur sehr wenig bekannte Gefahr für das Punktekonto in Flensburg:

„Ist doch klar, dass ich sofort eine Rettungsgasse bilde, wenn ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn kommt“, denkt so mancher. Aber das allein reicht eben nicht aus!

Man muss eine Rettungsgasse immer dann und sofort dann bilden, wenn es zu stockendem Verkehr oder einem Stau kommt, unabhängig davon, ob sich überhaupt ein Rettungsfahrzeug nähert. Die Pflicht gilt nach der Straßenverkehrsordnung auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung auch ohne Auftauchen eines Einsatzfahrzeuges! Tut man das nicht, sind automatisch 200,00 € und 2 Punkte in Flensburg fällig! Das sind auf einen Schlag 25 % der maximal möglichen Punktzahl, bevor die Fahrerlaubnis entzogen wird!  Kommt es dann zusätzlich noch zu einer Behinderung (Rettungsfahrzeug), Gefährdung oder Sachbeschädigung, droht in jedem Fall ein Fahrverbot von einem Monat und ein Bußgeld bis zu 320,00 €!  Wie bildet man nun eine Rettungsgasse ? Ganz einfach: Bei einspurigen Straßen fährt man ganz nach rechts, der Gegenverkehr ebenso. Bei mehrspurigen Straßen bildet man die Gasse zwischen der äußerst linken und der rechts daneben befindlichen Fahrspur: Wer auf der ganz linken Spur fährt, weicht also nach links aus. Auf der Autobahn orientiert er sich also an der linken Leitplanke. Sein Nebenmann fährt nach rechts.  

Bitte beachten Sie dies unbedingt bei Ihrer nächsten Fahrt. Sollte Ihnen dennoch ein Bußgeldbescheid ins Haus flattern, kann ein Rechtsanwalt durch Einsicht in das Video der Polizei prüfen, ob ein Einspruch lohnt. Der Unterzeichner hatte hier vor Gericht bereits Erfolg.  Und denken Sie daran: Auf der Stadtautobahn in Berlin wird die Bildung der Rettungsgasse in letzter Zeit verstärkt per Videoüberwachung überprüft !  

Rechtsanwalt Björn von der Ohe für Kanzlei Buchholz, Juli 2019


Großer Stern: Bußgeldverfahren einzustellen

Wer auf einem Oktoberfest Bier genießen will, sollte natürlich schon ohne Auto dorthin fahren. Aber auch ohne Alkohol sind Verkehrsdelikte möglich.  Wenn eine Ampel länger als eine Sekunde rot ist, drohen neben der Geldbuße zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot.  Eine anwaltliche Vertretung, am besten von Beginn an, kann sinnvoll sein.  Von einem selbst geführten Mandat kann berichtet werden: Dieses betraf das Messgerät PoliScan im Bereich Großer Stern/ Altonaer Straße. Es konnte der Rotlichtvorwurf abgewendet werden. Hintergrund waren messtechnische Punkte. So fehlte es an einem Foto zum Gefährdungsbereich. Es entfielen die Punkte und auch das Fahrverbot.  

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Sept. 2018


Rotlichtbußgelder einzustellen

Schnell kann es passieren, dass einem Verkehrsteilnehmer vorgeworfen wird, über eine rote Ampel gefahren zu sein.    Wer sich im Verkehrsrecht auskennt, dem ist insbesondere die Blitzeranlage an der Oberlandstraße bekannt. Dort werden immer wieder Autofahrer mit oft mehr als 10 Sekunden Rotzeit geblitzt. Der Grund liegt darin, dass nach der Autobahnabfahrt eine Kurve kommt. Der vorausschauende Fahrer schaut nach vorne und sieht eine Ampel, die grün ist. Dabei wird oft übersehen, dass sich kurz nach der Kurve schon davor eine Ampel befindet. Diese steht dann schon längere Zeit auf Rot.

Die Situation ist natürlich auch den Gerichten bekannt. Aufgrund selbst geführter Mandate kann berichtet werden, dass aufgrund der Besonderheiten zumindest ein Absehen vom Fahrverbot möglich sein kann.

Sehr neu ist folgendes: Aufgrund von messtechnischen Besonderheit konnte insgesamt die Einstellung erreicht werden. Damit entfallen nicht nur ein Fahrverbot, sondern auch die Geldbuße und die Eintragung von zwei Punkten in Flensburg. Dies kann aufgrund eines neueren selbst geführten Verfahrens berichtet werden. Danach sollen zur Zeit sämtliche Rotlichtblitzer dieses Systems nicht mehr auswertbar sein. Auch dem Gericht war in diesem Verfahren die Entwicklung noch neu.    Gleiches soll auch für Rotlichtvorwürfe am Tempelhofer Damm und der Scharnweberstraße gelten, so dass auch dort die Einstellungen erfolgen müssten.  Eine anwaltliche Vertretung kann daher sinnvoll sein. Es wird Akteneinsicht genommen und die Messung geprüft. Mit dem Mandanten wird über mögliche Besonderheiten gesprochen. Danach kann hierzu Stellung genommen werden. Insbesondere sind auch neue Entwicklungen zu berücksichtigen, die wie hier zu einer Einstellung führen können.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Mai 2018


Sommerreifen im Winter

Über die Erforderlichkeit von Winterreifen wird zwar regelmäßig berichtet. Dennoch taucht immer wieder die Frage auf, wann Winterreifen wirklich notwendig sind.

Immerhin drohen ein Bußgeld von 60,- Euro, bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer sogar 80,- Euro und ein Punkt in Flensburg.

Im Gesetz lautet es: „Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte ...“

Nach aktuellem Gesetz ist es somit nicht verboten, im Winter mit Sommerreifen zu fahren, wenn kein Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte vorliegen. Auch im Januar kann es trockene, sonnige Tage geben. Auch Sommerreifen bei Regen ohne Glätte im Dezember würden der aktuellen Regelung nicht widersprechen.

Der umgekehrte Fall ist folgender: Bei schönem Wetter sind eventuell bereits Anfang April die Sommerreifen am Fahrzeug. Wenn es dann noch einmal zum Schneefall mit Schneematsch kommt, darf nicht mit Sommerreifen gefahren werden.

Kurz zusammengefasst: Es kommt nicht auf ein Datum und die Jahreszeit, sondern auf die konkrete wetterbedingte Straßensituation an.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Januar 2018


Buckow und Tirol  

Auch als deutscher Anwalt kann man Mandate in Österreich führen.  Von folgendem übernommenen Mandate kann hier berichtet werden:  Es ging um einen Vorwurf eines Verkehrsverstoßes in Tirol. Die dortigen Ordnungskräfte hielten mehrere deutsche Motorradfahrer an, weil diese angeblich das Überholverbot verletzt hätten.  Das österreichische Verfahrensrecht weicht natürlich von dem deutschen ab. Dies wird auch schon durch den Sprachgebrauch deutlich. Die Bezirkshauptmannschaft Imst erließ eine „Strafverfügung“. Hiergegen wurde ein Rechtsmittel eingelegt. Es schlossen sich umfangreiche weitere Schriftwechsel an. Es ging auch um die Nachvollziehbarkeit der örtlichen Verhältnisse.  Die Bezirkshauptmannschaft hielt an dem Vorwurf fest und erließ ein „Straferkenntnis“. Bemerkenswert ist, dass dieses für den Fall einer unterlassenen Zahlung eine in Stunden bemessene Ersatzfreiheitsstrafe enthielt.  Auch hiergegen erfolgte ein Rechtsmittel. Die Angelegenheit ging zum Gericht. Vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol konnte dann die Einstellung erreicht werden. Zur Begründung nahm das Gericht Bezug auf die Verordnung über die Aufstellung der hier relevanten Schilder. Es ergab sich, dass die Überholverbotsschilder nicht genau an den vorgesehenen Stellen aufgestellt worden waren. Aufgrund von Abweichungen von ca. 60 bzw. ca. 80 m waren die Regelungen durch die Überholverbotsschilder unwirksam. Dementsprechend erfolgte die Einstellung. Das Verfahren dürfte daher auch für die dort auf der B 171 bei Kilometer 110 im Bereich der Gemeinde Stams fahrenden Österreicher relevant sein.    Auch von Buckow aus können somit Mandate erfolgreich in Österreich geführt werden.   

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Juni 2017



Moderner Blitzer nicht verwertbar?

Es gibt verschiedene Geräte und Verfahren zur Geschwindigkeitsmessung. Zuletzt war insbesondere Poliscan Speed als besonders sicher dargestellt worden. Die futuristisch aussehenden Säulen der stationären Version der Geräte sind sicherlich schon einigen Autofahrern aufgefallen.

Interessant war bereits das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 11.03.2013 zu einer mobilen Version. Es sprach den Betroffenen frei. Dabei ging es unter anderem um die unzureichende Überprüfbarkeit der Messung, sogar für vom Gericht beauftragte Sachverständige. Bei ungenügenden Beurteilungsmöglichkeiten würde der Richter „letztlich zu einem Verurteilungsautomaten herabsinken“, so das Gericht.

Aber auch das Amtsgericht Tiergarten, das für alle Vorwürfe in Berlin zuständig ist, äußerte in einer Entscheidung vom Juni 2013 erhebliche Bedenken gegen die Messung und sprach den Betroffenen frei.

Nun gibt es einen neuen Beschluss des Amtsgerichts Hoyerswerda vom Dezember 2016. Das Gericht stellte das Bußgeldverfahren ein. Dabei führte es unter anderem aus, dass es keine Möglichkeit habe, die Messwertbildung genauer nachzuvollziehen. Es hatte sogar einen Sachverständigen eingeschaltet. Im Beschluss lautet es: „Wenn es dem Sachverständigen mit dem entsprechenden technischen Sachverstand, auf Grund fehlender Herstellerinformationen zum Ablauf des Messverfahrens schon nicht gelingt das Messverfahren exakt darstellen zu können, kann es dies dem Gericht in der aktuellen Besetzung – auf Grund des fehlenden technischen Sachverständnisses -  erst recht nicht gelingen.“

Das Gericht stellte das Bußgeldverfahren ein.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, März 2017


Lenkzeiten und Busausflug

Wer einen Lkw oder Bus steuert, unterliegt einer besonderen Verantwortung. Natürlich muss er auch ausgeruht und munter sein. Um Übermüdungen zu verhindern, gibt es sehr genaue Regelungen zu Lenkzeiten, Ruhezeiten und Arbeitszeiten.

Dabei ist zu beachten, dass in Deutschland die Lenkzeiten bereits für Kraftfahrzeuge einschließlich Anhänger ab 2,8 t und nicht wie in den übrigen Ländern der EU ab 3,5 t gelten. Um die Einzelheiten der Regeln zu verstehen, muss man sich damit genauer befassen. Hier kann an dieser Stelle nur ein Einblick ermöglicht werden. Zwischen zwei ausreichenden Ruhezeiten darf nur 9 Stunden gefahren werden. Allerdings darf dies unter bestimmten Voraussetzungen zweimal die Woche auch für 10 Stunden der Fall sein. Natürlich dürfen die 9 Stunden nicht hintereinander gefahren werden. Nach spätestens viereinhalb Stunden Lenktätigkeit bedarf es der Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten.

Die Ruhezeit muss in der Regel 11 Stunden betragen, kann aber teilweise auch bei 9 Stunden liegen.

Es gibt auch noch genauere Regelungen zu den Wochenlenkzeiten. Dabei geht es um eine so genannte Doppelwoche. Die Lenkzeiten innerhalb zwei aufeinander folgender Wochen dürfen nicht über 90 Stunden liegen.
Ferner gibt es eine grundsätzliche Wochenendruhezeit von 45 Stunden. Dabei ist zu beachten, dass im Gegensatz zur derzeitigen deutschen Regelung in Frankreich das Schlafen in der Schlafkabine im LKW nicht zählt.
Von den Lenkzeiten sind die Arbeitszeiten zu unterscheiden. Arbeitszeiten können zum Beispiel auch der Vorbereitung der Fahrt dienen, ohne am Steuer zu sitzen. Diese sind von angestellten Fahren zusätzlich zu beachten.
Zusammengefasst muss gesagt werden, dass die Regelungen recht komplex sind.
Wenn ein Fahrer sich nicht an die Zeiten hält, kann dies zu Geldbußen gegenüber dem Fahrer und auch dem Arbeitgeber beziehungsweise für die verantwortliche organisatorische Person führen. Zur Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg kommt es grundsätzlich nicht. Anders kann es allerdings sein, wenn es zu einem Unfall käme und es um eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung ginge.
Dennoch fürchten Unternehmer auch Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten, wenn es nicht zu einem Unfall kommt. Die Angelegenheiten können im Gewerberegister eingetragen werden. Dann ist die gewerberechtliche Zuverlässigkeit in Gefahr. Die Zuverlässigkeit ist erforderlich, um das Gewerbe weiter ausüben zu können.

Wichtig ist es also, dass der Fahrer sich mit den Zeiten auskennt. Schließlich soll ein Busfahrer nicht überraschend anhalten, weil er vorher die Zeiten nicht im Blick hatte.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Nov. 2015


Atemalkohol: "Pusten"

Zu Verkehrskontrollen gehört bei einem Anfangsverdacht auf Alkohol auch das sogenannte „Pusten“. Gemessen wird der Alkoholgehalt in der Atemluft.

Dabei werden für Ordnungswidrigkeiten 0,25 Milligramm je Liter Atemluft gleichgesetzt mit 0,5 Promille im Blut. Der Atemwert ist daher zu verdoppeln, um ihn mit dem Promillewert vergleichen zu können.

Bei der Messung ist vieles zu beachten. So ist nur ein einziges Messgerätmodell in Deutschland zugelassen. Seit dem Trinkende müssen 20 Minuten vergangen sein. Sagt der Betroffene nichts, müssen ab dem Anhalten daher 20 Minuten vorüber sein. Selbst wenn der Fahrer mitteilt, dass seit dem Trinkende schon mehr Zeit vergangen sei, muss wenigstens 10 Minuten abgewartet werden, weil auch eine Aufnahme von Nahrung und anderen Flüssigkeiten so lange zurückliegen muss. Zudem bedarf es einer zweiten Messung. Der Abstand zur ersten darf höchstens 5 Minuten betragen.

Werden die Voraussetzungen nicht eingehalten, darf die Messung nicht verwertet werden. Dabei gibt es noch weitere Punkte zu berücksichtigen.

Bei Strafvorwürfen ist zu beachten, dass von einem Atemwert, anders als bei Blut, nie auf eine absolute Fahruntüchtigkeit geschlossen werden darf.

Kommt es zu einem Bußgeld- oder Strafverfahren bestehen es somit viele Ansätze für eine Überprüfung und Verteidigung.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Sept. 2013


Fahrererkennung

Bei Bußgeldsachen im Straßenverkehr ist es entscheidend, ob der Fahrer feststeht. Wurde er nicht gleich nach der vorgeworfenen Tat angehalten und kontrolliert, kommt es darauf an, ob er auf dem Foto eindeutig zu erkennen ist. Wenn dies nicht der Fall ist, muss das Verfahren eingestellt werden. Allerdings darf es nicht vom persönlichen Empfinden des Sachbearbeiters der Bußgeldstelle oder des Gerichts abhängen, ob eine Identifikation bejaht wird. Jedenfalls wenn die Person nicht offensichtlich und mit Sicherheit zu erkennen ist, müssen charakteristische Merkmale angegeben werden. Finden sich keine ausreichenden Angaben hierzu in einem Urteil, kann es erfolgreich mit einem Rechtsmittel angefochten werden. Das ist auch durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Februar 2011 bestätigt worden.

Das Gericht darf es sich also nicht zu leicht machen. Die genauere Prüfung ist insbesondere erforderlich, wenn die Konturen nur unscharf zu erkennen sind oder Teile des Gesichts zum Beispiel durch den Rückspiegel verdeckt werden.

Es muss aber nicht erst zu einem solchen belastenden erstinstanzlichen Urteil kommen. Es kann zuvor die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens zur Fahrererkennung beantragt werden. Dabei sollte der Sachverständige nur objektiv überprüfbare Kriterien heranziehen. Richtiger Weise sollten dies nicht veränderbare biometrische Merkmale sein.  So kann der Abstand der Augen im Verhältnis zu anderen durch die Mimik nicht veränderbaren Maßen geprüft werden. Sind jedoch die Merkmale auf dem Foto nicht ausreichend zu erkennen oder stehen zu wenige Merkmale zur Verfügung, ist die Erkennbarkeit zu verneinen und der Betroffene freizusprechen bzw. das Verfahren einzustellen.

Rechtsanwalt Jan Buchholz, Juli 2013


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